Stipendiatin Sandra Rohfleisch

Zertifikatsfoto_Sandra_Rohfleisch

Sandra Rohfleisch studiert Energietechnik und parallel dazu Wirtschaftswissenschaften an der RWTH Aachen University und wurde bezüglich ihres bevorstehenden Auslandsaufenthaltes für das Vacasol Global Engagement Scholarship 2022 auserwählt. Sie wird ihr Auslandssemester in den USA verbringen und an der University of California in Davis studieren.

Ihre Leidenschaft fürs Reisen hat sie dazu motiviert, ihren Studienschwerpunkt auf Luft- und Raumfahrtantriebstechnik zu setzen. Ihr Ziel ist es, dazu beizutragen, das Fliegen nachhaltiger zu machen. Sie ist überzeugt davon, “dass Reisen die beste Art ist, Menschen die Schönheit unseres Planeten näherzubringen und ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu schaffen, und darüber hinaus Brücken zwischen Menschen aller Nationen und Kulturen zu bauen.”

Die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit ist für die Entwicklungen in der Luftfahrt von großer Bedeutung. Daher möchte Sandra in den USA von dem Lehrangebot der UC Davis profitieren, welches einen Fokus auf innovative Antriebskonzepte und nachhaltige Fertigungsmethoden legt. Zudem möchte sie auch wirtschaftliche Module belegen, um eine neue Perspektive zu ihren deutschen Vorlesungen zu gewinnen.

Neben ihren fachlichen Zielen möchte Sandra ihr Auslandsstudium nutzen, um sich auch persönlich und kulturell weiterzuentwickeln. Sie möchte große Festtage wie Halloween oder Thanksgiving miterleben, Nationalparks rund um Davis erkunden, das kulinarische Angebot der Stadt probieren und einen Roadtrip machen. - “Ohne Ziel, ohne großen Plan – morgens losfahren und sehen, wohin die Straße einen führt.”

Wir sind gespannt auf ihren Bericht und freuen uns auf tolle Fotos!

Halbzeitbericht

Bevor meinem Semesterbeginn an der UC Davis habe ich mir einen lang ersehnten Traum erfüllt und habe einen dreiwöchigen Roadtrip durch den Westen der USA unternommen. Angefangen in San Francisco, den Highway 1 an der Küste gegen Süden und dann landeinwärts zum Grand Canyon. Vor neun Jahren stand ich schon einmal am Rand dieses gigantischen Canyons, aber diesmal hatte ich mir vorgenommen nach unten zu wandern. Mitten in der Nacht bin ich alleine losgewandert, um zum Sonnenaufgang im Canyon zu sein - den Colorado River zu meinen Füßen und die steilen Felsenwände, von der Sonne in goldenes Licht getaucht, um mich herum. Von Arizona aus zog es mich Richtung Norden. Zunächst in den Zion Nationalpark, der mich erneut komplett sprachlos zurückgelassen hat, und dann in den Bryce Canyon Nationalpark, dessen bizarre Steinformationen nicht von dieser Welt scheinen.

Entlang des Highway 12 ging es weiter in Richtung Capitol Reef Nationalpark, bevor ich Utah hinter mir gelassen habe, um nach Wyoming zu fahren. Nach eineinhalb Wochen trockenem und heißem Wüstenklima waren die grünen Wälder, weiten Auen und klaren Seen des Grand Teton Nationalparks eine willkommene Abwechslung. Keine Autostunde entfernt liegt ein weiterer Nationalpark, der älteste Amerikas. Kaum ein Park zeigt sich so vielfältig wie Yellowstone: Seen, Wälder, Canyons und zahlreiche Geysire, die das Bild des Parks prägen. Bisons grasen auf den Wiesen und gelegentlich sichtet man einen Elch. Bei Hashbrowns und Pancakes in einem typisch amerikanischen Diner fällt die spontane Entscheidung noch weiter in Richtung Norden zu fahren durch Montana und Idaho bis nach Washington, anstatt auf direktem Wege durch Nevada nach Kalifornien zurückzukehren. Abseits der Interstates kann man der Route der Luis and Clark Expedition folgen, die einen durch wunderschöne Landschaften jenseits der Touristenmassen führt.

Collage USA - Sandra Rohfleisch

Washington, das man mit grünen Wäldern und blauen Seen assoziiert, ist im östlichen Teil ziemlich trocken und warm, und gilt als eines der besten Weinanbaugebiete. Westlich davon durchquert man die Kaskadenkette, ein Gebirgszug vulkanischen Ursprungs, zu dem auch der Mount Rainier Nationalpark gehört. Der gletscherbedeckte Vulkan ist bis heute aktiv und erinnert mit seinen Vegetationszonen und schneebedeckten Kuppe stark an die europäischen Alpen. Die Küste Washingtons hingegen ist geprägt von der olympischen Halbinsel mit seinem hohen Gebirge, von dem aus sich die kanadische Küste erspähen lässt, und seinen uralten, dichten Regenwäldern. Entlang der Küste ging es für mich zunächst durch Oregon, mit einem Abstecher beim Crater Lake Nationalpark, der ebenfalls zu der gigantischen Vulkankette gehört, die sich bis nach Kalifornien zieht, und dann weiter zurück nach Davis. Die Vielfältigkeit der Landschaft hier hat einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen und die Nationalparks, haben gezeigt wie wichtig die Arbeit zur Erhaltung dieser einzigartigen Landschaften ist. Was noch geblieben ist von diesem Trip: Unzählige Begegnungen und Gespräche mit so unterschiedlichen und interessanten Menschen, die vor allem gezeigt haben, dass die meisten sehr viel mehr als nur oberflächlich freundlich sind und Hilfsbereitschaft hier einen sehr viel höheren Stellenwert genießt als in anderen Ländern.

Collage USA - Sandra Rohfleisch

Davis ist eine lebenswerte kleine Stadt, deren Stadtbevölkerung zu mehr als der Hälfte aus Studenten besteht. Nachhaltigkeit wird hier großgeschrieben und das zeigt sich in jeder Ecke. Überall gibt es Grünflächen, öffentliche Gärten in denen Zitrusfrüchte, Granatäpfel, Kürbisse und Kräuter wachsen, zweimal in der Woche kommen die Bauern aus der Umgebung in die Innenstadt zum Wochenmarkt. Wochenmarkt ist hier ein regelrechtes Event. Es gibt nicht nur frisches Obst und Gemüse, sondern auch allerlei Kunsthandwerk, Street Food Stände und Musik. Als ob es nicht eh schon schwierig sei hier einen Fahrradständer zu finden, ist es während des Wochenmarkts nahezu unmöglich. Jeder fährt Fahrrad hier. Überall gibt es Fahrradwege, zum Teil sind Straßen für Autos sogar komplett gesperrt. Anfangs noch sehr vorsichtig, weil man Amerika und Fahrrad fahren nun nicht gerade miteinander verbindet, habe ich ziemlich schnell gelernt, dass die Autofahrer hier unglaublich rücksichtsvoll sind und Fahrradfahrern grundsätzlich immer Vorfahrt geben. Die meisten kriminellen Vergehen hier in Davis sind Fahrrad-Diebstähle. Abgesehen davon hat die Polizei nicht viel zu tun. Der Campus hat seine eigene Polizei und die Beamten freuen sich, wenn sie bei platten Reifen helfen können und verteilen kostenlos Fahrradlichter und Helme, damit man immer sicher unterwegs ist. Wenn man abends trotzdem ungerne alleine nach Hause laufen möchte, gibt es einen kostenlosen Safe Ride Service, der einen abholt und bis zur Haustür fährt.

Das Leben hier spielt sich auf und um den Campus ab. Auch wenn man anfangs bei den Studiengebühren hier erstmal schluckt, versteht man schnell, wofür man hier bezahlt. Jeder hier ist bemüht einem die Studienzeit so angenehm wie möglich zu machen. Professoren, Lehrassistenten und Universitätsmitarbeiter sind immer ansprechbar und unglaublich hilfsbereit. Es wird wahnsinnig viel Wert auf den direkten persönlichen Kontakt gelegt, weshalb man sich am besten schnell angewöhnt, gut aufzupassen, wenn jemand beim ersten Vorstellen seinen Vornamen nennt – der wird hier deutlich häufiger in Gesprächen genutzt als das in Deutschland der Fall ist. Während das Bachelorstudium hier ziemlich verschult ist und mehrere Abgaben in der Woche, benotete Quizze und mindestens zwei Klausuren im Quartal zur Regel gehören, ist das Masterstudium hier extrem forschungsorientiert und bietet den Studenten sehr viel mehr Freiheit in Hinblick auf die Umsetzung eigener Projekte.

Abseits des Studiums hat der Campus nahezu alles zu bieten, was das Herz begehrt: Ein riesiges Fitnessstudio, das jedes Bodybuilder- und Powerlifter-Herz höherschlagen lässt, mit Basketball Courts, Kletterwand, Squash Hallen und einem Indoor Running Track und zwei Schwimmbäder. Wenn man abends auf Beachvolleyballfeldern spielt, kann man auf dem Parkdeck nebenan den Skatern zuschauen, während der Archery Club Bogenschießen trainiert und in der Ferne die Sonne untergeht. Wenn an den Wochenenden die Aggies ein Heimspiel haben, wird das Football Stadion in Flutlicht getaucht und auf der Tribüne steht die Marching Band zwischen den heimischen Fans. Auf dem Heimweg läuft man an den Stallanlagen vorbei, wo die Uni ihre eigenen Kühe hält. Wer sich fragt warum – Davis war ursprünglich der landwirtschaftliche Campus der UC Berkley, bis die Uni irgendwann so groß wurde, dass sie ausgegründet wurde und eigenständig wurde. Neben den Sportmöglichkeiten gibt es zahlreiche Clubs in denen man sich engagieren kann, egal ob politisch, (inter-)kulturell, künstlerisch, religiös, sozial – es scheint es gibt nichts, was es nicht gibt. Ich bin mir sicher man könnte sein Leben lang hier studieren, und nicht für alles Zeit finden.

Ich begnüge mich also mit gelegentlichen VolleyballPartien mit einer gemischten Gruppe aus Aerospace Doktoranden und Austauschstudenten, politischen Diskursen und Trainingssessions mit gleichgesinnten Kraftsportlern. Wann immer es die Uni erlaubt, geht es an den Wochenenden auf Entdeckungstour. Davis ist perfekt gelegen, um ein- oder mehrtätige Trips zu unternehmen. Im Norden kann man mit Mount Shasta und Mount Lassen die Ausläufer das Kaskadenkette bestaunen, im Osten liegen Lake Tahoe und die beeindruckende Sierra Nevada mit Yosemite, Kings Canyon und Sequoia Nationalpark, im Süden fährt man durch das Central Valley bis an die Küste nach Los Angeles und im Westen erwarten einen San Francisco, das Napa Valley mit seinen Weinbergen und Point Reyes National Seashore, wo im Herbst und Winter Orcas und Grauwale vorbeiziehen. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten scheint hier wahrlich unbegrenzt zu sein.

Collage USA - Sandra Rohfleisch

Gleichzeitig merkt man, dass studieren hier eben doch ein teures Unterfangen ist. Nicht nur die Studiengebühren, sondern vor allem auch die Lebenshaltungskosten und zusätzliche Kosten für Unterrichtsmaterialien, die in fast jedem Kurs anfallen. Die Studenten scheinen hier im Allgemeinen deutlich fokussierter auf das Studium zu sein, wirklich Freizeit und Wochenende gönnen sich nur wenig. Ich merke, dass ich den Altersschnitt mit meinen 24 Jahren hier häufig hebe. Praktika oder Auslandssemester machen nur wenige während ihres Studiums und die meisten fangen direkt nach der High School mit 17 oder 18 Jahren an. Das Credo hier ist auf jeden Fall in Regelstudienzeit fertig zu werden. Viele verschulden sich, um studieren gehen zu können, und studieren primär, da sie sich mit einem Bachelorabschluss bessere Jobchancen ausrechnen.

Bei den Haus- und Wohnungspreisen sowie den Lebenshaltungskosten hier in der Region, ist der Beweggrund mehr als nachvollziehbar. Wer plant einen Master oder PhD zu machen, muss mit guten Noten glänzen und benötigt ein persönliches Empfehlungsschreiben, weshalb der persönliche Kontakt zu den Professoren hier auch von Studentenseite aus aktiv gesucht wird. Was für mich erstmal ungewohnt ist, erweist sich schnell als ein guter Weg, um mehr über die Forschungsprojekte der Professoren zu erfahren und sich die Möglichkeit offen zu halten, an dem ein oder anderen Projekt mitzuwirken. Da ich mich fast am Ende meines Masterstudiums befinde und im kommenden Semester meine Masterarbeit ansteht, wäge ich gerade verschieden Optionen ab, darunter auch die Möglichkeit meine Arbeit hier im Bereich Luft- und Raumfahrtantriebe zu schreiben.

Abschlussbericht

Sandra Rohfleisch - USA

Bevor meinem Semesterbeginn an der UC Davis habe ich mir einen lang ersehnten Traum erfüllt und habe einen dreiwöchigen Roadtrip durch den Westen der USA unternommen. Angefangen in San Francisco, den Highway 1 an der Küste gegen Süden und dann landeinwärts zum Grand Canyon. Vor neuen Jahren stand ich schon einmal am Rand dieses gigantischen Canyons, aber diesmal hatte ich mir vorgenommen nach unten zu wandern. Mitten in der Nacht bin ich alleine losgewandert, um zum Sonnenaufgang im Canyon zu sein - den Colorado River zu meinen Füßen und die steilen Felsenwände, von der Sonne in goldenes Licht getaucht, um mich herum. Von Arizona aus zog es mich Richtung Norden. Zunächst in den Zion Nationalpark, der mich erneut komplett sprachlos zurückgelassen hat, und dann in den Bryce Canyon Nationalpark, dessen bizarre Steinformationen nicht von dieser Welt scheinen. Entlang des Highway 12 ging es weiter in Richtung Capitol Reef Nationalpark, bevor ich Utah hinter mir gelassen habe, um nach Wyoming zu fahren.

Nach eineinhalb Wochen trockenem und heißem Wüstenklima waren die grünen Wälder, weiten Auen und klaren Seen des Grand Teton Nationalparks eine willkommene Abwechslung. Keine Autostunde entfernt liegt ein weiterer Nationalpark, der älteste Amerikas. Kaum ein Park zeigt sich so vielfältig wie Yellowstone: Seen, Wälder, Canyons und zahlreiche Geysire, die das Bild des Parks prägen. Bisons grasen auf den Wiesen und gelegentlich sichtet man einen Elch. Bei Hashbrowns und Pancakes in einem typisch amerikanischen Diner fällt die spontane Entscheidung noch weiter in Richtung Norden zu fahren durch Montana und Idaho bis nach Washington, anstatt auf direktem Wege durch Nevada nach Kalifornien zurückzukehren. Abseits der Interstates kann man der Route der Luis and Clark Expedition folgen, die einen durch wunderschöne Landschaften jenseits der Touristenmassen führt. Washington, das man mit grünen Wäldern und blauen Seen assoziiert, ist im östlichen Teil ziemlich trocken und warm, und gilt als eines der besten Weinanbaugebiete.

Westlich davon durchquert man die Kaskadenkette, ein Gebirgszug vulkanischen Ursprungs zu dem auch der Mount Rainier Nationalpark gehört. Der gletscherbedeckte Vulkan ist bis heute aktiv und erinnert mit seinen Vegetationszonen und schneebedeckten Kuppe stark an die europäischen Alpen. Die Küste Washingtons hingegen ist geprägt von der olympischen Halbinsel mit seinem hohen Gebirge, von dem aus sich die kanadische Küste erspähen lässt, und seinen uralten, dichten Regenwäldern. Entlang der Küste ging es für mich zunächst durch Oregon, mit einem Abstecher beim Crater Lake Nationalpark, der ebenfalls zu der gigantischen Vulkankette gehört, die sich bis nach Kalifornien zieht, und dann weiter zurück nach Davis. Die Vielfältigkeit der Landschaft hier hat einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen und die Nationalparks, haben gezeigt wie wichtig die Arbeit zur Erhaltung dieser einzigartigen Landschaften ist. Was noch geblieben ist von diesem Trip: Unzählige Begegnungen und Gespräche mit so unterschiedlichen und interessanten Menschen, die vor allem gezeigt haben, dass die meisten sehr viel mehr als nur oberflächlich freundlich sind und Hilfsbereitschaft hier einen sehr viel höheren Stellenwert genießt als in anderen Ländern.

Davis ist eine lebenswerte kleine Stadt, deren Stadtbevölkerung zu mehr als der Hälfte aus Studenten besteht. Nachhaltigkeit wird hier großgeschrieben und das zeigt sich in jeder Ecke. Überall gibt es Grünflächen, öffentliche Gärten in denen Zitrusfrüchte, Granatäpfel, Kürbisse und Kräuter wachsen, zweimal in der Woche kommen die Bauern aus der Umgebung in die Innenstadt zum Wochenmarkt. Wochenmarkt ist hier ein regelrechtes Event. Es gibt nicht nur frisches Obst und Gemüse, sondern auch allerlei Kunsthandwerk, Street Food Stände und Musik. Als ob es nicht eh schon schwierig sei hier einen Fahrradständer zu finden, ist es während des Wochenmarkts nahezu unmöglich. Jeder fährt Fahrrad hier. Überall gibt es Fahrradwege, zum Teil sind Straßen für Autos sogar komplett gesperrt. Anfangs noch sehr vorsichtig, weil man Amerika und Fahrrad fahren nun nicht gerade miteinander verbindet, hab ich ziemlich schnell gelernt, dass die Autofahrer hier unglaublich rücksichtsvoll sind und Fahrradfahrern grundsätzlich immer Vorfahrt geben. Die meisten kriminellen Vergehen hier in Davis sind Fahrrad-Diebstähle. Abgesehen davon hat die Polizei nicht viel zu tun. Der Campus hat seine eigene Polizei und die Beamten freuen sich, wenn sie bei platten Reifen helfen können und verteilen kostenlos Fahrradlichter und Helme, damit man immer sicher unterwegs ist. Wenn man abends trotzdem ungerne alleine nach Hause laufen möchte, gibt es einen kostenlosen Safe Ride Service, der einen abholt und bis zur Haustür fährt.

Das Leben hier spielt sich auf und um den Campus ab. Auch wenn man anfangs bei den Studiengebühren hier erstmal schluckt, versteht man schnell wofür man hier bezahlt. Jeder hier ist bemüht einem die Studienzeit so angenehm wie möglich zu machen. Professoren, Lehrassistenten und Universitätsmitarbeiter sind immer ansprechbar und unglaublich hilfsbereit. Es wird wahnsinnig viel Wert auf den direkten persönlichen Kontakt gelegt, weshalb man sich am besten schnell angewöhnt gut aufzupassen, wenn jemand beim ersten Vorstellen seinen Vornamen nennt – der wird hier deutlich häufiger in Gesprächen genutzt als das in Deutschland der Fall ist. Während das Bachelorstudium hier ziemlich verschult ist und mehrere Abgaben in der Woche, benotete Quizze und mindestens zwei Klausuren im Quartal zur Regel gehören, ist das Masterstudium hier extrem forschungsorientiert und bietet den Studenten sehr viel mehr Freiheit in Hinblick auf die Umsetzung eigener Projekte. Abseits des Studiums hat der Campus nahezu alles zu bieten was das Herz begehrt: Ein riesiges Fitnessstudio, das jedes Bodybuilder- und Powerlifter-Herz höherschlagen lässt, mit Basketball Courts, Kletterwand, Squash Hallen und einem Indoor Running Track und zwei Schwimmbäder. Wenn man abends auf Beachvolleyballfeldern spielt, kann man auf dem Parkdeck nebenan den Skatern zuschauen, während der Archery Club Bogenschießen trainiert und in der Ferne die Sonne untergeht. Wenn an den Wochenenden die Aggies ein Heimspiel haben, wird das Football Stadion in Flutlicht getaucht und auf der Tribüne steht die Marching Band zwischen den heimischen Fans.

UC David Football

Auf dem Heimweg läuft man an den Stallanlagen vorbei, wo die Uni ihre eigenen Kühe hält. Wer sich fragt warum – Davis war ursprünglich der landwirtschaftliche Campus der UC Berkley, bis die Uni irgendwann so groß wurde, dass sie ausgegründet wurde und eigenständig wurde. Neben den Sportmöglichkeiten, gibt es zahlreiche Clubs in denen man sich engagieren kann, egal ob politisch, (inter-)kulturell, künstlerisch, religiös, sozial – es scheint es gibt nichts, was es nicht gibt. Ich bin mir sicher man könnte sein Leben lang hier studieren, und nicht für alles Zeit finden. Ich begnüge mich also mit gelegentlichen VolleyballPartien mit einer gemischten Gruppe aus Aerospace Doktoranden und Austauschstudenten, politischen Diskursen und Trainingssessions mit gleichgesinnten Kraftsportlern. Wann immer es die Uni erlaubt, geht es an den Wochenenden auf Entdeckungstour. Davis ist perfekt gelegen, um ein- oder mehrtätige Trips zu unternehmen. Im Norden kann man mit Mount Shasta und Mount Lassen die Ausläufer das Kaskadenkette bestaunen, im Osten liegen Lake Tahoe und die beeindruckende Sierra Nevada mit Yosemite, Kings Canyon und Sequoia Nationalpark, im Süden fährt man durch das Central Valley bis an die Küste nach Los Angeles und im Westen erwarten einen San Francisco, das Napa Valley mit seinen Weinbergen und Point Reyes National Seashore, wo im Herbst und Winter Orcas und Grauwale vorbeiziehen. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten scheint hier wahrlich unbegrenzt zu sein.

Sandra Rohfleisch - Collection 1

Gleichzeitig merkt man, dass studieren hier eben doch ein teures Unterfangen ist. Nicht nur die Studiengebühren, sondern vor allem auch die Lebenshaltungskosten und zusätzliche Kosten für Unterrichtsmaterialien, die in fast jedem Kurs anfallen. Die Studenten scheinen hier im Allgemeinen deutlich fokussierter auf das Studium zu sein, wirklich Freizeit und Wochenende gönnen sich nur wenig. Ich merke, dass ich den Altersschnitt mit meinen 24 Jahren hier häufig hebe. Praktika oder Auslandssemester machen nur wenige während ihres Studiums und die meisten fangen direkt nach der High School mit 17 oder 18 Jahren an. Das Credo hier ist auf jeden Fall in Regelstudienzeit fertig zu werden. Viele verschulden sich, um studieren gehen zu können, und studieren primär, da sie sich mit einem Bachelorabschluss bessere Jobchancen ausrechnen. Bei den Haus- und Wohnungspreisen sowie den Lebenshaltungskosten hier in der Region, ist der Beweggrund mehr als nachvollziehbar. Wer plant einen Master oder PhD zu machen, muss mit guten Noten glänzen und benötigt ein persönliches Empfehlungsschreiben, weshalb der persönliche Kontakt zu den Professoren hier auch von Studentenseite aus aktiv gesucht wird. Was für mich erstmal ungewohnt ist, erweist sich schnell als ein guter Weg, um mehr über die Forschungsprojekte der Professoren zu erfahren und sich die Möglichkeit offen zu halten, an dem ein oder anderen Projekt mitzuwirken. Da ich mich fast am Ende meines Masterstudiums befinde und im kommenden Semester meine Masterarbeit ansteht, wäge ich gerade verschieden Optionen ab, darunter auch die Möglichkeit meine Arbeit hier im Bereich Luft- und Raumfahrtantriebe zu schreiben.

Mobilität und vor allem der damit zusammenhängende Wandel muss auf lokaler wie globaler Ebene gedacht werden, sowohl im privaten als auch im politischen und wirtschaftlichen Kontext. Mit meinen Kursen konnte ich unterschiedlichste Aspekte miteinander verknüpfen.

Der Kurs Supply Chain Planning and Management hat die Bedeutung der Lieferketteninfrastruktur auf globaler wie lokaler Ebene hervorgehoben und Einblicke in die Relevanz verschiedener Transportmittel für die Weltwirtschaft gegeben. Dabei wurde mir einmal mehr bewusst, wie wichtig technologische Lösungen sind, um das Transportwesen nachhaltig zu verändern. Dies fängt an bei Zweirädern und Automobilen und reicht über die Schifffahrt bis hin zur Luftfahrt. Weiterhin gibt es enormes Potential lieferkettenbedingte Emissionen zu senken, indem regionale Supply Netzwerke aufgebaut werden.

Das Modul Economic and Environmental Aspects of Transportation hat den Fokus auf ökologische Aspekte des Transportwesens gelegt mit einem Schwerpunkt auf das amerikanische und insbesondere kalifornische Transportwesen. Dies wurde eng verknüpft mit politischen Regulierungen und Initiativen, die darauf abzielen, den öffentlichen Nahverkehr auszubauen und Investitionen in Elektromobilität zu fördern. Um den ökologischen Impact entlang der gesamten Lieferkette und über die gesamte Lebensdauer eines Fahrzeuges nachvollziehen zu können, wurde in der Vorlesung beispielsweise auch auf Öl- und Kohlegewinnung eingegangen und wirtschaftliche Zusammenhänge berücksichtigt. Spannend war der Vergleich mit europäischen und deutschen Ansätzen, auf den ich im Rahmen einer Hausarbeit näher eingehen konnte.

Auch wenn der Kurs Economic Development zunächst nicht direkt mit dem Transportwesen und ökologischer Nachhaltigkeit in Zusammenhang zu stehen scheint, wird doch schnell die Schnittmenge deutlich, wenn man sich die Folgen des Klimawandels vor Augen führt. Extreme Wetterlagen wie Dürren oder Stürme, Artensterben und sinkende Grundwasserspiegel sind nur einige der Folgen, die insbesondere Menschen in ärmeren Ländern vor existenzielle Probleme stellen. Neben Faktoren die für die Entwicklung eines Landes essentiell sind, wurde in dem Kurs auch praxisnah über die Gestaltung und den Einfluss von Entwicklungshilfe gesprochen. Gerade Infrastruktur spielt für das Wirtschaftswachstum vieler Länder eine entscheidende Rolle, dazu zählt auch der Transportsektor. Anstrengungen, Emissionen zu senken, müssen sowohl auf globaler als auch lokaler Ebene unternommen werden. Es liegt daher – in meinen Augen – nicht nur in der Pflicht sondern auch in der Verantwortung industrialisierter Nationen, den Technologietransfer in Entwicklungsnationen sicherzustellen und eine nachhaltige Entwicklung im ökonomischen wie ökologischen Sinne zu fördern.

Zusätzlich zu meinem verpflichtenden Studienumfang, habe ich einen Kurs belegt, der einem ganz persönliches Interesse genüge tat: Geology of National Parks. In diesem Kurs gab es eine Einführung in die Nationalparks des amerikanischen Westens. Vom aktiven Vulkanismus der Cascade Range, die von Washington bis in den Norden Kaliforniens reicht, über die Entstehung der Sierra Nevada und die Sedimentgesteine des Colorado Plateau bis hin zu den Bergformationen der Basin & Range in Nevada und Wyoming sowie den Rocky Mountains – dieser Kurs hat einem nicht nur die Vielfalt der Natur vor Augen geführt, die so viele in den USA begeistert, sondern auch gezeigt, wie fragil und entsprechend schützenswert unser Planet ist. Die Kursinhalte haben mir ein sehr viel tiefgreifenderes Verständnis der Entstehungsgeschichte und geologischen Besonderheiten der Nationalparks gegeben, von denen ich die meisten in dem kurzen Zeitraum besuchen konnte. Darüber hinaus haben sie meine Wertschätzung für die Arbeit des National Park Services in den USA noch um ein Vielfaches verstärkt. Es ist stets ein schmaler Grad zwischen der Bewahrung der Natur für nachfolgende Generationen, dem Schutz der Landschaft vor menschlichen Eingriffen und der Begehbarmachung dieser einzigartigen Natur, damit wir sie bestaunen, genießen und nutzen können.

Am Ende dieses Semesters gehe ich nicht nur mit einer Festplatte voll Fotos, einer Hand voll neuer Freunde und leerem Geldbeutel nach Hause, sondern vor allem mit einer festen Überzeugung, dass sich in den kommenden Jahren so einiges in der Luft- und Raumfahrtbranche verändern wird. Das allwöchentliche Volleyballspielen mit den Doktoranden der Luft- und Raumfahrttechnik hat nicht nur aus sportlicher Sicht Spaß gemacht, sondern nebenbei auch noch Gelegenheit geboten sich über viele aktuellen Forschungsthemen auszutauschen. Dies hat mich definitiv darin bestärkt, auch zukünftig an Themen, die mit nachhaltiger Luftfahrt in Verbindung stehen, arbeiten zu wollen.

Darüber hinaus habe ich einmal mehr erfahren können, dass es keine bessere Schule in interkultureller Kompetenz gibt, als tatsächlich für einen längeren Zeitraum in einem Land zu leben. So subtil manche Unterschiede auch sein mögen, entwickelt man nicht nur ein Gespür für gewisse Gepflogenheiten, sondern hinterfragt und reflektiert man auch seine eigene kulturelle Prägung. Ich habe mich sehr schnell zuhause gefühlt. Man gewöhnt sich an die breiten Straßen und das rechts abbiegen an roten Ampeln, aber regt sich auch Monate später noch über den Wald an Stoppschildern und ein fehlendes rechts-vor-links Gebot auf. Kaum etwas ist schöner als ein gemütliches Diner mit großen Portionen oder ein reichhaltiges und preisgünstiges mexikanisches Essen nach einem langen Wandertag, aber an das was hier Brot genannt wird und die karge Käseauswahl wird man sich hier wohl nie gewöhnen. Bestellt man sich in Deutschland einen guten Cappuccino in dem kleinen Café in der Altstadt, hat man hier alsbald sämtliche Getränke des Starbucks Drive-Ins probiert, die zwar Coffee im Namen tragen, aber doch nur sehr entfernt etwas mit dem bitter-schokoladigen Getränk zutun haben, das wir Kaffee nennen. Man lernt stets seine Tankanzeige im Auge zu behalten, da es gut sein kann, dass die nächste Tankstelle über 100km entfernt ist, aber macht sich keinerlei Gedanken darum, dass sonntags die Geschäfte zu haben könnten. Was auffällt, ist das Amerika trotz seines Wohlstandes, doch ein Land der Kontraste ist. Das Gesundheitssystem lässt zu wünschen übrig, wie ich nach einem Fahrradunfall am eigenen Leibe erfahren konnte, vor allem in den Großstädten gibt es regelrechte Zeltstädte von Obdachlosen und wenn man sich mit Menschen unterhält, die einen Job haben, hört man oft heraus, dass Work-Life-Balance den meisten eher fremd ist. Wenn man sowohl in den Städten als auch auf dem Land unterwegs ist, stellt man immer wieder fest wie sehr die Lebensrealitäten der Menschen auseinanderklaffen. Letztendlich scheint es, dass Amerika ein Land der Opportunitäten ist, sofern man über die finanziellen Mittel verfügt und ein Quäntchen Glück im Leben hat – andernfalls zeigen sich viele Schattenseiten über die sich nur schwerlich hinwegsehen lässt. Das Lebensgefühl ist hier definitiv ein anderes als in Deutschland; überwiegend positiv und definitiv bereichernd, aber es lässt einen zugleich mit einer tiefen Wertschätzung für manche Dinge zurück, die wir in Deutschland häufig als selbstverständlich betrachten.

Die Zeit in Davis wird immer einen besonderen Platz in meinem Herzen einnehmen und vielleicht wird es auch nicht das letzte Mal gewesen sein, dass es mich für einen längeren Zeitraum in die USA verschläft – ausschließen möchte ich es auf keinen Fall. Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich für die Unterstützung von Vacasol bedanken und allen anderen, die dazu beigetragen haben, mir diesen Aufenthalt zu ermöglichen.

Sandra Rohfleisch - Collection 2