Stipendiat Simon Tschunko

Simon Tschunko mit Zertifikat

Simon Tschunko studiert Wirtschaftspsychologie an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Kempten und wurde bezüglich seines ehrenamtlichen Engagements für das Vacasol Global Engagement Scholarship 2022 auserwählt. Simon ist seit 2016 als Entwicklungshelfer auf den Philippinen und setzt sich für mehr Chancengleichheit in der Bildung ein, vor allem für ländliche Regionen. Zu diesem Zweck hat er sogar selbst 2019 ein Scholarship-Programm ins Leben gerufen.

„Unsere Unterstützung geht dabei weit über die materielle Seite hinaus, da es vor allem viele persönliche und praktische Themen, die Studierende aus der ländlichen Region beim Umzug in die Universitätsstädte fordern“, sagt Simon.

Im März 2022 hat er nun ein neues Projekt ins Leben gerufen: ein mit Computern ausgestattetes Studiencenter. Das Center soll es den Studierenden ermöglichen, am seit Corona weit verbreiteten Online-Learning teilzunehmen, da es sonst an Geräten oder Internet-Zugang mangeln würde.

„Mein Engagement für Chancengleichheit in der Bildung hat das Ziel, verbessertem Zugang zu Bildung zu ermöglichen und junge Menschen in einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung zu fördern.“

Wir sind sehr gespannt, was uns Simon von seinem Projekt berichten wird!

Bericht über das Ehrenamt

„Über ihre reine Effizienz hinaus hängt die Qualität der Bildung vor allem von den Werten und Zielen im Zusammenleben der Menschen ab.“ (Richard von Weizsäcker)

Bildung und wertorientiertes Zusammenleben – diese zwei Schlagworte beschreiben Motivation und Inhalt meines ehrenamtlichen Engagements am besten. Soziales Engagement ist seit meiner Kindheit ein natürlicher Teil meines Lebens, doch welchen Einfluss Bildung auf die Entwicklung von jungen Menschen haben kann, ist mir erst während meines Engagements in den Philippinen bewusst geworden.

Bildung ist im Land der vielen Insel zwar seit einigen Jahren ohne zusätzliche Studiengebühren möglich. Geblieben sind jedoch „weiche Zugangsvoraussetzungen“: Selbstbewusstsein & sozialer Status, das nötige Taschengeld für ein Boarding House in der Großstadt sowie Equipment für schulische Projekte und der familiäre Rückhalt auf dem Bildungsweg, der in einer kollektivistischen Kultur von enormer Bedeutung ist.

Zu Beginn meines ehrenamtlichen Engagements übernahm ich 2016 gemeinsam mit meiner Frau die Co-Leitung eines Boarding Hauses für High-School SchülerInnen, die aus entfernten Bergdörfern kamen. Für diese Schüler war es bereits ein riesiger Schritt vom Berg in die Nähe der High-School zu ziehen und dafür in einem Boarding House zu wohnen. Das erklärte Ziel des Projekts war, die SchülerInnen neben der Schule persönlich zu fördern und auf ihren zukünftigen Bildungsweg vorzubereiten. Wir hielten Computerkurse und Seminare zu Themen wie Umgang mit Geld oder führten einen Workshop zur Berufsorientierung durch. Nichts ging dabei ohne die die lokale Sprache Filipino, die ich bis heute neben meiner Arbeit weiter lerne, um den Studierenden in ihrem Kontext besser begegnen zu können.

Manche dieser Schüler blieben nur einige Monate bei uns, manche Mädchen wurden als Teenager schwanger und der Großteil nahm kein Hochschulstudium auf. Doch unter den SchülerInnen gab es auch immer wieder solche, die den Traum von einem Studienabschluss und einem besseren Leben nicht aufgegeben hatten. Für sie war klar: Ein Ausstieg aus der Armut ist durch Bildung möglich. Als wir 2019 in die Provinzhauptstadt Tacloban City zogen, wussten wir: In dieser Universitätsstadt wollen wir besonders zielstrebige Studierende aus ländlichen Regionen auf ihrem Bildungsweg unterstützen. Daher entschieden wir uns, unser Haus als Wohngemeinschaft für Studierende zu öffnen, die sich ein Boarding House in der Stadt nur schwer leisten konnten. Sponsoren aus Deutschland, die uns und unsere Arbeit in den Philippinen kennengelernt hatten, waren schnell im Boot und dazu bereit, mit monatlichen Beiträgen zum Unterhalt der Studierenden beizutragen. Dieses „Scholarship Program“ im eigenen Haus bereitet mir viel Freude, weil ich in regelmäßigen Abständen nur darüber staune, welche Entwicklung junge Menschen nehmen können, wenn sie in einem Lebensrahmen eingebettet sind, der sie fördert und fordert. Schnell wurde darüber hinaus klar – finanzielle Unterstützung ist nur ein Treiber für echte Entwicklung.

Diese geht über reine, effiziente Bildung hinaus. Wenn wir mit Studierenden darüber reden, was sie benötigen, um auf ihrem Bildungsweg erfolgreich zu sein, so erhalten wir Antworten wie „Orientierung“ und „Anleitung“. Gerade in einer kollektivistischen Kultur entstehen Werte häufig aus dem Zusammenleben. Gemeinsames Leben gibt Orientierung und wirkt so wie ein „Leuchtturm“ für ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung. Genau das ist unser Anliegen in der Arbeit mit jungen Menschen: Ganzheitlich Orientierung geben. Dabei spielen viele persönliche und praktische Themen eine Rolle, die Studierende aus der ländlichen Region fordern: Wie benutze ich den öffentlichen Nahverkehr in der Stadt? Wie finde ich sozialen Anschluss? Wie strukturiere ich meinen Studienalltag?
Oder während des coronabedingten Online-Unterrichts: Wie bleibe ich emotional gesund? Es bereitet mir sehr große Freude, junge Menschen in ihrer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung zu begleiten.

Seit März 2022 ist ein Studiencenter im Herzen der Universitätsstadt unser Meeting Point für genau diese Studierenden, welches im Rahmen unserer Tätigkeit in der Entwicklungszusammenarbeit entstanden ist. Dieses mit Computern ausgestattet Center ermöglicht besonders den Studierenden Zugang zum Online-Learning, denen es an Geräten oder Zugang zum Internet fehlt. Bei der Ausgestaltung der täglichen Angebote arbeiten wir dabei eng mit mehreren philippinischen Kirchen und Non-Profit Organisationen zusammen. Auf diese Weise hoffen, wir, dass unser Engagement weitere Kreise zieht, Studierende Mut zu Bildung entwickeln und aus dem Zusammenleben tragende Werte erstehen.